Ich will auch mal!
Wer kennt es nicht? Man betrachtet Fotografien von faszinierenden Eiswelten und hegt dabei den Gedanken, solche Motive gerne mal selbst ablichten zu wollen. So erging es mir zumindest, als ich Bilder anderer Fotografen von zugefrorenen Wasserfällen und Eiszapfen sah. Über meine favorisierte Allgäuer Ausflugsseite stieß ich auf die Wasserfälle von Hinang, welche zwischen Sonthofen und Oberstdorf im Oberallgäu liegen. Der Winter war bis dato schon kalt genug und ein Besuch des Wasserfalls stand somit nichts mehr im Wege. Das Wetter war nicht prickelnd, aber “Was solls, ich brauch Eis und keine Sonne!”. Noch ein kurzer Equipmentcheck und ab gings ins geliebte Oberallgäu!
Eiszeit!
Der Weg zu den Wasserfällen ist ab Hinang direkt ausgeschildert. Entweder beginnt man am oberen Wasserfall mit dem Einstieg von der Straße zum “Gasthof Sonnenklause” oder von der Straße in Richtung Hochweiler aus. Ich entschied mich für den zuerst genannten Weg und parkte in einer kleinen Ausbuchtung am Strassenrand. An schneefreien Tagen findet man sicherlich ein freies Plätzchen an der Strasse, ich parkte im Winter mein Auto in der einzigen Ausbuchtung auf dem Weg nach oben. Im Winter also lieber den Wasserfall von unten angehen, wenn ihr später euer Auto nicht wie ich “freiwippen” wollt *lach*.
Der obere Einstieg zu den Wasserfällen war auch im Winter sehr gut zu erkennen, oder warum sollte man auch sonst ein Drehkreuz dort platzieren? Mit viel Vorfreude betrat ich also das Gebiet der Wasserfälle und ein zu Hause getroffener Geistesblitz sollte sich noch als sehr hilfreich erweisen! Das Gebiet beginnt im Winter erstmal sehr human, trotzdem ist Trittsicherheit hier absolute Vorraussetzung, da man sich sonst schnell ein paar Stufen weiter unten befindet. Nun zurück zu meinem Geistesblitz. Der komplette Pfad an der Fellswand entlang in Richtung des großen Wasserfalls war komplett vereist! Ich hatte zu Hause jedoch meine Achtzack-Grödeln eingepackt und zog diese nun auf meine Bergschuhe, um mehr Trittsicherheit zu bekommen. Sehr beeindruckend waren hier die spiegelglatten vom Eis überzogenen Felsflächen, die bis zu 3m hohen Eiszapfen über dem Pfad und die kristallschimmernden Felsfluren. Es wirkte alles ein wenig befremdlich aber faszinierend zugleich.
Die allgegenwärtige Gefahr
Vom oberen Einstieg aus erreicht man gleich direkt den großen Hauptwasserfall des Gebietes. “Wow, was für ein Anblick” waren meine Gedanken, als ich auf der kleinen Eisenbrücke vor dem Wasserfall stand. Es klafften meterlange Eizapfen an den Felsen und das Fallbecken war nicht zugefroren. Es wurde Zeit zu knipsen! Es muss die dritte oder vierte Aufnahme gewesen sein, als plötzlich sich eine Wand aus Eiszapfen löste und den Wasserfall entlang nach unten krachte. Da wird einem mal kurzfrist ganz schnell warm bei so nem Anblick. Einmal durchgeschnauft schaute ich den Weg zurück, welchen ich gekommen war. “Da muss ich nochmal durch” flüsterte ich leise vor mir her, als ich die 3m Eiszapfen über dem Pfad betrachtete.
Egal, es ging erstmal weiter in Richtung des unteren Eingangs! Mehre Eisenstufen und Brücken führten anfangs hinunter, begleitet von mehreren kleinen Wasserfällen. Da sämtliche Stufen und Brücken ebenfalls vereist waren, waren die Grödeln tatsächlich mein bester Freund an diesem Tag! Manche der kleinen Wasserfälle liesen sich vom Weg aus sogar begehen, was immer für schöne Perspektiven sorgt.
Unten angekommen, waren alle Bilder im Kasten. Ich überlegte kurz, ob ich nicht zur Strasse raus sollte um zum Auto zurückzukehren, entschloss mich aber dann doch wieder den Pfad zu nehmen, welchen ich gekommen war. Mit dem Bild der abbrechenden Eiszapfen im Kopf lief ich also den vereisten Pfad an der Fellswand vom großen Wasserfall wieder zurück. Gut das ich die überhängenden Eiszapfen schon im Hinweg fotografiert hatte, den Mumm hatte ich im zurücklaufen nicht mehr *lach*
Nochmal: Ich will kein Moralapostel sein, aber ohne Ausrüstung, Trittsicherheit und dem nötigen Respekt vor der Natur würde ich solche Touren nicht empfehlen! Hätte ich die Grödeln nicht dabei gehabt, wäre ich umgedreht! Seid also vernünftig, kein Foto/Motiv der Welt ist es wert! Falscher Stolz ist hierbei fehl am Platz. Meinen ersten Ausflug in den Reichenbachtobel im Winter musste ich auch schon abbrechen, weil es einfach zu riskant wurde weiterzugehen. In so einem Moment sicherlich erstmal ärgerlich, aber nachbetrachtend wohl die richtige Entscheidung. Wenn einem Turnschuhtouris im Winter in den Scheidegger Wasserfällen entgegenkommen, muss man sich nämlich schon manchmal an den Kopf fassen…
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